Johannes Quint, Bonn, Oktober 2012

Johannes Quint (Musik) Komposition einer audio-visuellen Transformation des Kafka-Textes „ …nur von der Ferne horche ich …“,
in Zusammenarbeit mit Inge Kamps (Video):

Inge Kamps: Malerei (Lichtstudien) und Installation aus essbaren Wildpflanzen

Kafkatext: „Ich bin zurückgekehrt, ich habe den Flur durchschritten und blicke mich um. Es ist meines Vaters alter Hof.  Die Pfütze in der Mitte.  Altes, unbrauchbares Gerät, ineinander verfahren, verstellt den Weg zur Bodentreppe. Die Katze lauert auf dem Geländer. Ein zerrissenes Tuch, einmal im Spiel um eine Stange gewunden, hebt sich im Wind. Ich bin angekommen.  Wer wird mich empfangen?  Wer wartet hinter der Tür der Küche? Rauch kommt aus dem Schornstein, der Kaffee zu Abendessen wird gekocht. Ist dir heimlich, fühlst du dich zu Hause? Ich weiß es nicht, ich bin sehr unsicher. Meines Vaters Haus ist es, aber kalt steht Stück neben Stück, als wäre jedes mit seinen eigenen Angelegenheiten beschäftigt, die ich teils vergessen habe, teils niemals kannte. Was kann ich ihnen nützen, was bin ich ihnen und sei ich auch des Vaters, des alten Landwirts Sohn. Und ich wage nicht, an der Küchentür zu klopfen, nur von der Ferne horche ich, nur von der Ferne horch ich stehend, nicht so, dass ich als Horcher überrascht werden könnte. Und weil ich von der Ferne horche,  erhorche ich nichts, nur einen leichten Uhrenschlag höre ich oder glaube ihn vielleicht nur zu hören, herüber aus den Kindertagen. Was sonst in der Küche geschieht, ist das Geheimnis der dort Sitzenden, das sie vor mir wahren. Je länger man vor der Tür zögert, desto fremder wird man. Wie wäre es, wenn jetzt jemand die Tür öffnete und mich etwas fragte. Wäre ich dann nicht selber wie einer, der sein Geheimnis wahren will.“

Johannes Quint, geb. 1963, studierte Komposition und Musiktheorie bei Hans Zender (HfMDK Frankfurt/M.) und Friedrich Jaecker (HfMT Köln). Seine kompositorische Arbeit wurde durch zahlreiche Preise, Stipendien und Kompositionsaufträge ausgezeichnet und durch international renommierte Ensembles (Ensemble Modern, Klangforum Wien, Musikfabrik NRW, ars-nova-ensemble Berlin, Neue Vocalsolisten Stuttgart, ohton-Ensemble, Oldenburg etc.) aufgeführt.
Johannes Quint lebt als Komponist in Bonn und ist seit 2009 Professor für Musiktheorie an der Hochschule für Musik und Tanz Köln, Standort Aachen.
Weitere Infos unter:  www.johannes-quint.de